Samstag, Juni 07, 2008

{Kieler Woche 2004}

Eine "wahre" Begebenheit aus 2004, verschoben von der Homepage der unabhängigen Hamburger Taucher in den Blog.

Letztens auf der Kieler Woche. Unendlich viele Zuschauer, ein buntes Treiben um die Weltelite im Segelsport und ein Taucher. Der Taucher war ich und ich muss gestehen, ich stand wirklich im Mittelpunkt. Interessierte Fragen beantwortete ich gern, während ich fachmännisch mein Equipment zusammen baute. Ich berechnete demonstrativ meine erforderliche Bleimenge für die salzhaltige Ostsee und behängte unter staunenden Blicken mein Jacket mit allem was wichtig aussah. Gut gelaunt machte ich meine Späße, wurde aber Bier ernst, sobald ich meinen Zuhörern von diesem brutal gefährlichen Sport erzählte und unterstrich, dass nur sehr geübte und mutige Taucher alleine tauchen.
Ich ging nicht weniger demonstrativ zum Wasser und plante meinen Tauchgang. Ich hob den Kompass, schüttelte ihn als sei etwas damit nicht in Ordnung und nahm dann die Peilung.
Während die aus Beton geschüttete Grenze zum Wasser voller Segelboote war, fand ich eine ca. 30 Meter breite Stelle ohne Boote, optimal für einen spektakulären Einstieg. Der Grund war nicht zu sehen und so schätzte ich die Wassertiefe auf 3 Meter.
Ich wuchtete mir mein Jacket auf den Rücken und mimte als wäre es noch 20 kg schwerer. Zog mir die Gurte zurecht wie ein geübter Fallschirmspringer und ging mit Flossen und Maske in der Hand zu meiner Einstiegsstelle. Voller Erwartung das es nun etwas zu sehen gibt folgten mir die Leute. An meiner auserkorenen Einstiegsstelle stand ich nun, Flossen an, Maske auf und mitten auf der Showbühne. Ein schnelles Abtauchen würde Eindruck machen und eine lustige Einlage würde die Menge zum Jubeln bringen. Den Schalk im Nacken ging ich in die Hocke, legte meine Handflächen aneinander und hielt sie so über die Stirn, als würde ich zum Köpfer starten. Ich winkte meinem Publikum noch einmal zu und ließ mich dann, in dieser Position verharrend, langsam nach vorn kippen. Ich tauchte sofort ab und erreichte den Grund "erheblich" schneller als erwartet. Bei brutal schlechter Sicht kontrollierte ich meine Tiefe.
40 cm ... Scheiße !!!
Schnell machte ich meine Beine lang, damit wenigstens nur die Flasche aus dem Wasser ragt. Meine Boje, die für solche Tauchgänge wie ich sie vor habe sehr wichtig ist, so erklärte ich meinen Zuhörern, lag noch immer auf dem Pier.
Ich hörte ein leichtes Rauschen unter Wasser!? Das musste die mir zujubelnde Menge sein.
In diesem Moment verfluchte ich meinen Zwang immer im Mittelpunkt stehen zu müssen. Ich konnte die Situation nur noch retten, indem ich so tat als sei alles normal. Ich pulte die Muschel aus meinem Lungenautomaten und wühlte mir den Kompass unterm Bauch hervor. Ich nahm die Peilung auf und paddelte los.
Es war mühsam!
Der Tauchgang schien kein Ende zu nehmen. Als ich endlich eine Wassertiefe von 1,2 Meter erreichte, fiel mir das Tauchen etwas leichter. Allerdings hatte ich meine Luft zur Hälfte verbraucht und ich musste umkehren. Meine Laune war im Keller als mir auf dem Rückweg ein Mitarbeiter vom DLRG entgegen watete und mich fragte ob alles in Ordnung sei. Ich hob den Kopf und sagte ohne den Lungenautomaten aus dem Mund zu nehmen "iff fuch wafs". Ich tauchte weiter. Er fragte noch mehr, aber ich ignorierten ihn. Wahrscheinlich wollte er beim Suchen helfen, doch ich hoffte das er nun endlich mal weiter geht. Ich schaute auf die Uhr. Tauchzeit eine Stunde und fünfzig Minuten. Zeit zum auftauchen. Ich stellte mich hin, nahm Flossen und Maske ab, packte meine Boje zusammen. Interessierten Fragen meiner mittlerweile schwer angewachsenen Fangemeinde wich ich aus. Später stellte ich fest, dass ich ca. sechzig Meter über eine Sandbank gerobbt bin, die allerdings nur acht Meter breit war. Den Fernsehbericht auf Welle-Nord über meinen Tauchgang ignorierte ich.

Logbucheintrag:
Kiel, Ostsee
Temperatur 17 Grad
Tauchzeit 1:50h
Tauchgang unter extrem schwierigen Bedingungen!

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