Samstag, Mai 20, 2006

Dietmar Wischmeyer - Eine Reise durch das Land der Bekloppten und Bescheuerten

Meine Name ist Dietmar Wischmeyer und dies ist das Logbuch einer Reise durch das Land der Bekloppten und Bescheuerten. Hier ist mein Bericht.

Wo sind Tante Ilse und Onkel Alfons denn dies' Jahr im Urlaub?" - "Tauchen in Sharm-el-Sheik!" Kaum eine deutsche Hämorrhoide, die noch nicht an einem Korallenriff geschlitzt wurde. Papa und Mama orgeln wie die besoffenen Seekühe durch die Weltmeere, um sich das Nachtprogramm des ORB im Original anzuglotzen. Was treibt den schlichten Normo dazu, aus seiner natürlichen Urlaubsumgebung Bad Lauterberg auszubrechen und wie weiland der lederne Jacques Cousteau in tropischen Gewässern zu gründeln? Niemandem scheint es mehr einzuleuchten, daß für ihn der Schöpfer nichts weiter im Lebensplan vorgesehen hat als den Job der Außendienstwanze im Oberbergischen. "Das kann doch nicht alles gewesen sein, Mutti. Schau mal dort im magischen TV-Gerät: die tausendjährige Runzelqueen Adolphine Riefenstahl, sogar die geht noch Tiefseetauchen. Los Mama, wir buchen vierzehn Tage Dominikanische und gucken uns mal die bunten Fische an." Und so hängt zu Tausenden das teutonische Senkblei zwanzig Faden tief in der karibischen See. Im Gefolge der alles wieder richtenden Apparatemedizin ist keine Extremsportart mehr davor gefeit, vom durchschnittlichen Kartoffelchipsfresser überrannt zu werden. Die feisten Klöße purzeln aus Flugzeugen, kraxeln durch die tibetische Klamm oder lassen sich von Negern durch die Wüste tragen. Alles ist für jeden da auf dieser schönen Welt. Warum nicht auch die submarine Pracht. Zumal der Deutsche seit Admiral Dönitz Tagen ohnehin geprägt ist auf alles Unterseeische. Wo einst die stolze U-Bootwaffe der Schrecken aller Meere war, da blubbern jetzt Tante Ilse und Onkel Alfons an fremder Länder Gestade. Und wenn ein Rudel deutscher Seewölfe einen Geleitzug Papageienfische sprengt, dann ist es wieder fast so romantisch wie damals. Die Marinekameradschaft U-216 heißt heute neudeutsch Scuba-Diving-Club Sennestadt, ist mehr oder weniger harmlos, aber genauso auf allen Weltmeeren zu Hause. Jedes Jahr wird ein neues Fähnchen aufgepflanzt, alles abgegrast, wo's irgendwie nach bunten Fischen riecht: Malediven, Seychellen, Komoren, Great Barrier Reef und was es sonst noch so an zertrampelbarer Meeresfauna gibt. Dabei geht's nur dem Neuling um die bunten Fischelein. Der Scuba-Profi schlenzt am Nylontampen in die Tiefe und ermittelt bei 50 Metern unter der Meeresoberfläche die genaue Ortszeit in Singapur. Im ThemoprenSaitling eingezwängt glotzt das Taucherrudel wie gebannt auf die wasserdichten Casios. Wie in allen hippen Freizeitbeschäftigungen dreht sich sowieso alles nur um die Ausrüstung. Welche Brille, welche Flossen, welche Flaschen? Scheiß was auf die Fische. "Und wo waren Sie im letzten Jahr? St. Lucia! Ach du Scheiße, ist doch alles schon kaputt. Boa Boa müssense hinfahn, das hält noch zwei Jahre. Onkel Alfons und Tante Ilse waren vor fünf Jahren da, da war natürlich alles noch unberührter."

Manchmal könnte man fast meinen es sei wirklich so.

Keine Kommentare: